Kulturpolitik

Die prekäre und auch feminisierte Arbeitsmarktsituation von Kunst- und Kulturschaffenden ist unumstritten. Doch um übers typisch österreichische Lamentieren, dass alles so schlecht sei, hinaus zu kommen, gilt es, konkrete Veränderungen zu fordern: einerseits veränderte politische Rahmenbedingungen (z.B. eine Reform der Reform der KünstlerInnensozialversicherung), andererseits aber auch Bedingungen zu schaffen, die anerkennen, dass künstlerische Arbeit Arbeit und nicht Hobby ist.
Das Museu d’Art Contemporani de Barcelona (MAC BA) versucht, ein kritisches Gedächtnis der Kunst der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts herzustellen, und zwar durch Sammlungen, Ausstellungen und Aktionsprogramme. Das Ziel dieser Arbeit ist es, hegemonialen Diskursen und Kräften entgegenzusteuern, die dazu tendieren, das Lokale/ Nationale zu mystifizieren und Kulturinstitutionen ins Spiel zu bringen als aktive Agentinnen bei der Transformation von städtischen Ökonomien in tertiäre Ökonomien.
Die Kulturpolitische Kommission unterstützt die Diagonale als selbstorganisiertes und unabhängiges Filmfestival der Filmschaffenden. Diese Diagonale ist eine exemplarische und notwendige Absage an die vorherrschende Kulturpolitik, die Interessen von KünstlerInnen ignoriert und eine
Seit dem Antritt der besten Regierung von allen und dero Kunststaatssekretär gibt es für die Kunst keine Ausnahme mehr. Subventionen werden hinuntergefahren und der freie Markt bekommt seine Freiheit auf Kosten derer der Kunst. Wirtschaftsorientiertheit ist angesagt, das Staatskünstlertum hat endlich ein Ende. Und jene, die die (noch) fütternde Hand beißen wollen, werden auf Diät gesetzt, manche auch prophylaktisch.
Da musste ich mir erst die Augen reiben, als mir Burgtheaterdirektor Klaus Bachler in einem großen Standard-Interview im November 2003 vom Verlust von "Kulturpolitik im eigentlichen Sinn", bei der Gelegenheit auch gleich von der "Abwesenheit von Politik im klassischen Sinn" in der Wenderepublik Österreich berichtet hat. Ich sehe sie ja noch vor mir, die Fahne des Widerstands, wie sie - ich nehme an, mit dem Wissen und dem Einverständnis von Direktor Bachler - im Frühjahr 2000 vor dem Portal dieser nationalen Erkenntnis- und Erziehungsanstalt lustig im Wind geflattert ist, um freilich dann irgendwann sang- und klanglos eingerollt zu werden - wie übrigens an vielen anderen Kultur-Orten auch. Irgendetwas musste passiert sein, das einen der führenden Exponenten des österreichischen Kunstbetriebs zu einem solch grundsätzlichen Meinungsumschwung hat kommen lassen.
Kärnten ist, wie Sie wissen, ein Land verschärfter Gegensätze und Widersprüche. Manches verhält sich hier zu einander wie Pech und Schwefel, das sich woanders wohl verträgt. Die deutschsprachige Mehrheitsbevölkerung und die slowenische Minderheit zum Beispiel oder die Künstler und die Kulturpolitik.
Die Geschichte der Diagonale ist eine Chronologie von Brüchen und Interventionen. Unbestritten ist, dass es den IntendantInnen Christine Dollhofer und Constantin Wulff mit viel Empathie und Verve gelungen war, während ihrer sechsjährigen Tätigkeit eine Veranstaltung in Graz zu etablieren, deren Akzeptanz nicht zuletzt durch ihre Kontinuität ermöglicht wurde.
Schon bei der Eröffnung des Festivals in Wolfsegg kam es zu ersten Verwerfungen: Statt die Kunst der Feindschaft zu zelebrieren, hatten die Festival-MacherInnen wie gewohnt den Kulturreferenten Pühringer zur Eröffnung eingeladen (kann mir bitte mal wer erklären, warum in aller Welt ein in Kunstfragen dilettierender Landeshauptmann ein Kunstfestival eröffnen muss?), gegen den 2000 in den Kunstinstitutionen entwickelten breiten Konsens, PolitikerInnen der Regierungsparteien keine Repräsentationsflächen zur Verfügung zu stellen. Ein gefundenes Fressen für die Karawane, die den Landeshauptmann mit überaffirmierenden Parolen wie "Josef, wir lieben dich" oder "Pühringer, du geile Sau" begrüßte.
Einer noch immer viel zu wenig beachteten Frage ging am Montag, 11. August, eine Diskussionsrunde nach, zu der die IG Kultur Österreich ins freie Mediencamp (Screenshot - Webseite ist nicht mehr online) am Wiener Karlsplatz geladen hatte: "Kultur und GATS - Wie soll es weitergehen?
Oberösterreich hätte durchaus Grund, dem scheinbar aufrechten Glauben seiner Landesherren zu misstrauen. Die Historie bietet dafür Anhaltspunkte.
Unverhohlen geriert sich die Kulturpolitik als Gestalterin einer Öffentlichkeit in eigener Sache, die die gepredigte Verbindung von Kunst und Wirtschaft selbst vorexerziert und bezieht die kulturelle Opposition mit ein, die sich in der Illusion wiegen darf, von innen heraus zu verändern oder zumindest den Lauf der Dinge zu stören. Das Budget für Kultur, und hier insbesondere für die "Alltagskultur" oder "Zeitkultur" genannten Bereiche, ist nach wie vor ein potenzieller Streichposten, Forderungen nach Umverteilung gelten als sinnlos bis unschick.
Angesichts der geplanten weltweiten Deregulierung durch das GATS (General Agreement on Trade in Services = weltweites Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) weist die Kulturpolitische Kommission jede Einbeziehung der Kunst in dieses Abkommen kategorisch zurück.