Flatrate … oder so.
Die Flatrate ist, so flach die Diskussion auch verlaufen mag, gegenwärtig immer noch der längste Strohhalm.
Viel wird gesprochen von der Zukunft und der Gegenwart und den technologischen Veränderungen, die da kommen oder eh schon da sind und die Welt aus den Angeln heben. Menschen, die in Ermangelung seriöser Selbstbeschreibungen unter dem Titel „Futurist“ (früher Hellseher oder Wahrsager) mit Cassandrarufen Land auf Land ab ziehen und eine Reihe von vor der Schlange sitzender Kaninchen gleichermaßen hypnotisieren wie paralysieren, bringen ein gewisses Unwohlsein in die idyllische Logik der guten Industrie und der bösen Pirat*innen.
Es sind aber weder die Pirat*innen noch die Industrie, die Futurists oder sonst irgendwer die Bösen oder die Guten in dem Spiel, sondern es handelt sich lediglich um einen Technologiebruch, der etwas größere Kreise zieht als sagen wir die Umstellung von der LP auf die CD. Aber anstatt Jugendliche zu Pirat*innen zu machen oder die Zukunft erraten zu wollen, sollte man sich eher darum kümmern, tragbare Wege für die kommenden Jahre zu entwickeln. Weniger Angstbeißerei und mehr Gestaltungswille!
In dieser derzeit vorwiegend emotional geführten und kaum auf Fakten basierenden Diskussion taucht auch immer wieder die Flatrate, Contentflatrate oder Content Levy auf. Die Grünen sind vor einigen Monaten mit einer politischen Willensbekundung in Vorlage gegangen, allerdings auch eher emotional und ohne eine wirklich Diskussionsgrundlage zu liefern. Der Grundgedanke der Flatrate ist nicht so neu, wie oftmals dargestellt. Es handelt sich im Wesentlichen um eine Anpassung der Leerkassettenabgabe an aktuelle digitale Technologien. Wenn sich die Kopiertechnologien ändern, dann sollte man mit den rechtlichen Rahmenbedingungen nachziehen (… aber nicht in die Richtung, dass digitale Hausdurchsuchungen erleichtert oder Menschen von der Partizipation am Internet ausgeschlossen werden).
Obwohl die Idee einfach ist, bereitet die Umsetzung dahingehend Schwierigkeiten, dass es sehr von der konkreten Ausformulierung abhängt, ob und wie eine solche Flatrate funktionieren kann. In der aktuellen Diskussion verblüfft, wie ein Begriff, der noch mit so wenig Inhalt gefüllt ist, bereits so viele Befürworter*innen und Gegner*innen haben kann. Für Außenstehende ist es auch nicht nachvollziehbar, wer auf welcher „Seite“ steht und warum. Beispielsweise zeigen sich die Verwertungsgesellschaften bei dem Thema eher reserviert bis stark ablehnend, obwohl eine Pauschalabgabe gerade in ihre Kassen Geld spülen würde, und ebenfalls erstaunlicher Weise sind es die Internet Service Provider, die sich tendenziell offener zeigen, obwohl es eben deren Produkte sind, auf die – vermutlich – eine Abgabe aufgeschlagen würde.
Es ist hoch an der Zeit, der Debatte einen Schub an Ernsthaftigkeit zu verpassen. Dazu bedürfte es zweier Schritte: erstens einer seriösen Recherche der relevanten Daten, um abschätzen zu können, welche Auswirkungen eine Flatrate auf das Einkommen der Kreativen hätte; zweitens der Erarbeitung eines konkreten Vorschlages, der eine erste Diskussionsgrundlage bildet. Eine Diskussion, die dringend geführt werden sollte, denn die Alternativszenarien sind um nichts weniger unklar oder unwägbar. Im Gegenteil – die Flatrate ist, so flach die Diskussion auch verlaufen mag, gegenwärtig immer noch der längste Strohhalm.