Warum Euromayday? Reflexion über Potenziale und Konflikte einer Bewegung.
<p>Seit drei Jahren gibt es Euromayday auch in Wien. Bekannt ist Euromayday vor allem durch die alljährliche Parade am 1. Mai, bei der auf die fortschreitende Prekarisierung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse aufmerksam gemacht werden soll. Euromayday ist Selbstorganisation. Ist Aufbegehren. Ist Aktion. Ist kreative Auseinandersetzung mit Gegenmodellen und Utopien. Ist eine Einladung, nicht fragmentiert, für sich alleine, sondern vernetzt mit anderen zu kämpfen.
Seit drei Jahren gibt es Euromayday auch in Wien. Bekannt ist Euromayday vor allem durch die alljährliche Parade am 1. Mai, bei der auf die fortschreitende Prekarisierung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse aufmerksam gemacht werden soll. Euromayday ist Selbstorganisation. Ist Aufbegehren. Ist Aktion. Ist kreative Auseinandersetzung mit Gegenmodellen und Utopien. Ist eine Einladung, nicht fragmentiert, für sich alleine, sondern vernetzt mit anderen zu kämpfen. Euromayday ist auch internationale Vernetzung. Jedes Jahr entscheiden sich Menschen in anderen Städten für diese Form der Politik. Dennoch findet der Euromayday in manchen Städten nicht mehr statt, in denen er vorher stattgefunden hat. (Euro)mayday-AktivistInnen aus Berlin (B) haben Fragen entwickelt, um sich kritisch mit dem Euromayday auseinanderzusetzen und darüber in Austausch zu treten. Hier die Antworten aus Wien (W), erarbeitet in einem Plenum:
B: Wie seid ihr auf das Konzept des (Euro)Maydays gestoßen?
W: Zuerst durch die Euromayday-Website. Und durch Berichte von FreundInnen. Dann waren welche von uns beim Euromayday 2004 in Barcelona und haben davon erzählt. Schließlich haben wir zu unseren ersten Vernetzungstreffen, Anfang 2005, AktivistInnen aus Barcelona, Madrid und Italien eingeladen, ihre Praxis mit Videos vorzustellen und zu diskutieren.
B: Warum habt ihr Euch für den (Euro)Mayday als politisches Konzept entschieden?
W: Wichtig waren vor allem folgende Aspekte: Selbstpräsentation statt Repräsentation. Die Thematisierung von Begriffen und Phänomen der Prekarisierung. Die Adaptierung traditioneller Widerstandsformen am 1. Mai an neue Arbeits- und Lebensformen. Ein offenes Konzept von Prekarisierung, das vor allem das Zusammenwirken der Prekarisierung von Arbeit und Leben bedenkt. Die Problematisierung der Widersprüche, die daraus entstehen. Eine transnationale Ausrichtung.
B: Warum fandet/findet ihr es wichtig, einen (Euro)Mayday in Eurer Stadt auszutragen? Welche Ziele verfolgt ihr bzw. habt ihr mit dem (Euro)Mayday verfolgt?
W: In Wien existiert eine lange historische Tradition des 1. Mai, die besonders dadurch geprägt ist, dass nicht nur Gewerkschaften, sondern auch Parteien (vor allem die Sozialdemokratie) besonders den Vormittag dominieren, damit eine besonders extreme Praxis der Repräsentation und der Vorbeimärsche mit großen Massen entwickelt haben und sich thematisch auf die Beschwörung der Vollbeschäftigung beschränken. Der Euromayday sollte am Nachmittag des 1. Mai alternative Formen des Ausdrucks mit einem neuen thematischen Schwerpunkt auf Prekarisierung verbinden.
B: Welche politischen Gruppen sind maßgeblich am (Euro)Mayday beteiligt? Welche Gruppen arbeiten im Bündnis mit?
W: Die Frage passt nicht zur sozialen Zusammensetzung des Wiener Euromayday, weil das Selbstverständnis der Beteiligten – auch wenn sie in politischen und künstlerischen Gruppen, Kollektiven, Interessensvertretungen, linken Gewerkschaften und Parteien aktiv sind – nicht darauf abzielt, diese im Rahmen des Euromayday zu vertreten. Umgekehrt wurden in den ersten Jahren der Organisierung immer wieder spezifische Gruppen, gezielt auf das Plenum, eingeladen, um einerseits über ihre Wahrnehmung von Prekarisierung zu sprechen und sie andererseits auch – mit mehr oder weniger Erfolg – in die Organisierung einzubeziehen.
B: Wie sieht die Arbeit über das Jahr hinaus aus?
W: Die Euromayday-Plena haben ihren Schwerpunkt in den Monaten vor der Parade und beziehen sich in dieser Zeit vor allem auf Fragen der Organisation und der Verbreitung. Arbeitsgruppen treffen sich jedoch über das Jahr und versuchen, Fragen der Prekarisierung in Veranstaltungen, Ansätzen militanter Untersuchung und kleinen Aktionen zu thematisieren.
B: Wie sieht die Bündnisarbeit aus? Wie und warum entstehen Konflikte? Welche Probleme existieren?
W: Konflikte entstanden vor allem um folgende Fragen: Existiert eine Hierarchie der Prekären zwischen den Polen digitaler Boheme und Prekarisierung des Aufenthalts? Können und wenn ja, wie können Allianzen zwischen den verschiedenen Formen von Prekären realisiert werden, ohne die Unterschiede zu nivellieren?
B: Euromayday oder einfach Mayday? Zeigt das Präfix Euro- eine positive Tendenz in Richtung Transnationalisierung an oder eher eine eurozentristische Schließung?
W: Anlässlich spezifischer feministischer Kritik am ersten Wiener Plakat 2005 wurden unterschiedliche Bildvorstellungen und Aspekte der Repräsentationskritik diskutiert: Wie zeichne ich eineN PrekäreN? Die politische und soziale Heterogenität vor allem der Parade (aber auch des Plenums) hat sich nicht weiter entwickelt, sondern ist eher homogener geworden.
B: Konnten durch den (Euro)Mayday praktische Verbesserungen/Auseinandersetzungen erreicht/erzielt werden?
W: Das Thema Prekarisierung wurde bis zu einem gewissen Grad in verschiedenen Diskursen etabliert (u.a. durch Einwirkung auf Gewerkschaft und andere Institutionen). Medial wurde das durch die Produktion von Zeitschriftenbeilagen und durch eine eigene Euromayday-Zeitung betrieben.
(Andererseits bleibt der – fast nicht existente – Umgang mit den „Mainstream- Medien“ eine offene Frage.) Auf der Parade wird Platz für neue Darstellungsformen geboten (keine RednerInnen, keine Bühnen).
Euromayday International