Manuela Bojadžijev: Die windige Internationale. Rassismus und Kämpfe der Migration.
Der Inhalt des Buches entwickelt sich von einer Auseinandersetzung mit den Rassismustheorien in Deutschland über die Frage der Geschichtsschreibung im Kontext von Rassismus und Migration in unterschiedlichen Gesellschaftsformationen und entlang einer „singulären Geschichte“ der Kämpfe der Migration. Die Migrantinnen und Migranten werden als HandlungsträgerInnen und gleichzeitig als materielle geschichtliche Formationen aufgefasst.
Rassismusforschung und Antirassismusdenken werden in Deutschland zunehmend von Migrantinnen und Migranten geprägt. Neben den traditionellen linksradikalen antirassistischen Positionen, den theoretischen und aktivistischen Bemühungen, die auf den späteren Foucault und auf den Feminismus gründen, finden sich weitere, die auf postkolonialer Theorie fußen, und wiederum weitere, die sich einem progressiven Identitätsgedanken der People of Color verschrieben haben. Mit dem Buch „Die windige Internationale“ von Manuela Bojadžijev bekommt Antirassismus in Deutschland einen wichtigen Ansporn. Die hier vertretene Linie tritt durch das aktivistisch-kulturelle Label Kanak Attak in die Öffentlichkeit. Die Autorin, deren Dissertation hier vorliegt, ist innerhalb der österreichischen Diskurszusammenhänge eine gerne und nicht selten gesehene Theoretikerin und Aktivistin. Sie wird mit dem nicht unumstrittenen Begriffszusammenhang „Autonomie der Migration“ und mit einer Theoretisierung der Geschichte der Kämpfe der Migration in Verbindung gebracht, genauso wie mit einer radikalen Kritik des Begriffs „Integration“: Für die österreichische Szene waren und sind das wichtige diskursive Momente auf dem Weg zu einem als politisch verstandenen Antirassismus.
Der Inhalt des Buches entwickelt sich von einer Auseinandersetzung mit den Rassismustheorien in Deutschland über die Frage der Geschichtsschreibung im Kontext von Rassismus und Migration in unterschiedlichen Gesellschaftsformationen und entlang einer „singulären Geschichte“ der Kämpfe der Migration. Die Migrantinnen und Migranten werden als HandlungsträgerInnen und gleichzeitig als materielle geschichtliche Formationen aufgefasst. Den theoretischen Background bilden dabei die ideologietheoretischen und soziologischen Überlegungen von Nikos Poulantzas und Etienne Balibar. Manuela Bojadzˇ ijev beschreibt eine relational verstandene Rassismus-Antirassismus-Beziehung als Ursache und Motor einer multilinearen gesellschaftlichen Entwicklung. Einer Geschichte der Regulierung steht eine Geschichte der Subjekte gegenüber. Die großen Kampftraditionen entlang der Begriffe „Rasse“, „Klasse“ und „Geschlecht“ bilden eine prinzipielle Ausgangsposition des Buches. Zentrale Linie dabei ist die der Entwicklungen und Transformationen des für eine politische Auffassung von Antirassismus wichtigen Aspektes der Kämpfe der Migration. Migration wird hier durchaus im Sinne von Deleuze und in der Tradition der Sozialromantik – allerdings ohne das endgültige utopische Moment – verstanden: Migration ist ein Werden, ein schöpferischer Moment, der einen Überschuss produziert. Dieses Mehr führt zur immer wieder stattfindenden Transformation der vorherrschenden Normierungsverhältnisse und kommt nicht nur der kämpfenden Gruppe, sondern allen zu Gute. Das Buch widmet sich der Geschichte des kollektiven Trägers dieses Überschusses in der rassistischen Gesellschaft Westdeutschlands, es liefert eine strategisch verstandene Auffassung der Migrationsgeschichte und bindet diese explizit an die sozialen Kämpfe für alle an. Ich wünschte, das Buch „Windige Internationale“ wäre verpflichtende Lektüre für all jene, die gut besoldet ihren Lebensunterhalt mit dem theoretischen und praktischen Ausschlachten der Begriffe „Integration“, „Diversität“, „Dialog“, „Solidarität“, „Hilfe“, „Toleranz“ usw. bestreiten! Da aber hier eine fundierte Delegitimierung ihrer Tätigkeit geliefert wird, ist dieser Wunsch eher als unrealistisch zu bewerten – solange die HelferInnen nicht von den Subjekt gewordenen Objekten ihres Hilfsbegehrens dazu gezwungen werden.
Manuela Bojadžijev: Die windige Internationale. Rassismus und Kämpfe der Migration.
Münster: Westfälisches Dampfboot 2008