Kulturleben & Kulturausgaben der Stadt Villach

Die Diskussion mit Vizebürgermeisterin und Kulturreferentin Mag.a Gerda Sandriesser und Kulturabteilungsleiter Mag. Gert Christian Sturm wurde von der Forderung nach einer Kulturstrategie als zentrales Thema geleitet. Die IG KiKK präsentierte ihre Erhebung "Kulturausgaben und -subventionen der Stadt Villach 2017 - 2021". So thematisierten wir die Entwicklung der Kulturförderungen und den Wunsch nach einem transparenten Kulturbericht. Positive Antworten erhielten wir bezüglich einer Nachbesserung der neuen Subventionsverordnung für Kulturförderungen, eine Zusammenarbeit für eine „Kulturzeitung“ wurde in Aussicht gestellt.

Ein Nachbericht unseres kulturpolitischen Jour fixes und die Vorstellung der Erhebung.

Am Podium in Villach waren Gert Christian Sturm, Elena Stoißer und Gerda Sandriesser.

Kulturpolitischer Jour Fixe 8. Mai 2023 im Kulturhofkeller Villach

Am Podium:
Vizebürgermeisterin und Kulturreferentin Mag.a Gerda Sandriesser, Kulturabteilungsleiter Mag. Gert Christian Sturm
Moderation: Elena Stoißer, BA MA (IG KiKK)

Kulturstadt Villach

Villach sei ein sehr guter Boden für Menschen, denen aktuelle Themen ein Anliegen sind, so Sandriesser. Der administrative Aufwand sei Voraussetzung: Vor Projektstart brauche es einen Plan und ein Budget, die das Projekt darstellen. Ihr sei Vielfalt im Kulturangebot wichtig und sie sei den Kulturinitiativen dankbar und wünscht sich, dass diese stärker auf sie zukommen. Sandriesser wünscht sich mehr Gespräche und Veranstaltungseinladungen, eine frühere Kontaktaufnahme seitens der Fördernehmer:innen und längerfristige Planung.

Für Sturm zeichnet sich Villach durch einen regen Austausch aus, dass nicht alles erfüllt werden könne, schaffe natürlich auch Spannungen. Er erwarte sich mehr Leute bei Einladungen durch die Stadt (Anm.: Kulturgespräche). Eine Problematik sei die Raumsituation, er träume von einer Mittelbühne, die wirklich mit Kultur bespielt werden kann.

Kulturstrategie

Der Wunsch nach einer Kulturstrategie der Stadt Villach ist zentrales Thema des Abends. Dabei verweisen die Gäste auf die angekündigte Kulturstrategie des Landes: Wohin geht das große Ganze, was kann die Stadt Villach dafür tun? fragt Sandriesser, die auch nicht wisse, wohin die Reise geht. Sie erwarte sich vom Land ein Gesamtkonzept, dem sich Villach anschließen kann.

Für Sturm ist eine Kulturstrategie eine wesentliche Aufgabe von Land, Region und Stadt. Alle Genres und Sparten sollen abgedeckt werden. Im sehr kleinen Zentralraum Villach-Klagenfurt sollte eine Absprache auf höherer Ebene beginnen und ein Leitbild gemeinsam entwickelt werden. Das Land sei informiert, dass sich Villach am Strategieprozess beteiligen will.

Die Kritik der Visionslosigkeit wehrt Sandriesser ab: Sie warte auf Initiativen und konkrete Projektvorschläge (mit Plan und Kostenkalkulation) aus der Szene. Sie wünsche sich, dass sich die Akteur:innen zusammentun, um zu erarbeiten, was gemeinsam gemacht werden kann.

Sichtbarkeit der freien Szene

Die freie Szene wünscht sich mehr Unterstützung durch die Stadt, damit ihre Arbeit sichtbarer wird. Sandriesser verweist auf die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt, die Veranstaltungen auf Social Media bewerben würde.

Sturm lobt den Kulturchannel des Landes, der nicht nur mit dem Tourismus, sondern auch mit der Stadt Villach verknüpft sei, dadurch kämen die Veranstaltungen auch in den Newsletter der Stadt. Die Zuständige in der Stadtzeitung sei Danja Santner, an sie könne man sich wenden. Der frühere Versuch einer Kulturzeitung musste eingestellt werden, da von der Szene keine regelmäßigen Rückmeldungen gekommen seien. Auf Initiative von Sturm wurde eine Arbeitsgruppe zur Wiederaufnahme der Kulturzeitung fixiert.

Kulturbudget

Die IG KiKK hat eine Erhebung über die Kulturausgaben der Stadt Villach 2017 – 2021 erstellt (Ergebnisse siehe unten). Stoißer erläutert die Ergebnisse und erklärt, dass die Kulturförderungen und -ausgaben nicht nachvollziehbar aufgeschlüsselt sind und Fragen unbeantwortet lassen. Dem Wunsch nach einem offenen und transparenten Kulturbericht würde die Umstellung auf die Darstellungsform der LIKUS-Kategorien (Länderinitiative Kulturstatistik) nachkommen. Der Städtebund macht diesbezüglich gerade einen Vorstoß.

Sandriesser und Sturm kontern, dass sie der Kameralistik des Landes unterliegen würden. Sie seien dafür, dass das vereinfacht wird. Derzeit versuchten sie, den Kulturbericht lesbar zu gestalten und die Inhalte so abzubilden, wie sie im Rechnungsabschluss aufscheinen. Es solle annähernd vergleichbar sein mit anderen Städten.

Ein großer Diskussionspunkt ist die Kritik der Ungleichbehandlung bzgl. Subventionen. Das Empfinden der Kulturtätigen wird durch die Erhebung der IG KiKK bestätigt: Einige Vereine verbleiben jahr(zehnte)lang auf einem niedrigen Niveau, Ausnahmen werden ad hoc hochsubventioniert. Sandriesser verspricht, sie wolle sich mehr für das Kulturbudget einsetzen.

Subventionsrichtlinien

Die Subventionsverordnung für Kulturförderungen wurden 2022 überarbeitet. Zum Hintergrund meinte Sandriesser, sie hätten die Überarbeitung so von der Politik vorgegeben bekommen und sie selbst sehe die Neuerungen auch kritisch. Es gäbe Versuche der Veränderung, eine Evaluierung laufe, es gehe in eine positive vereinfachte Richtung.

Stoißer erläutert die Problematik der eingeschränkten Vorauszahlung (nur noch 30% der gewährten Förderhöhe bei Projektförderungen): Vereine dürfen keine Rücklagen bilden und keine Schulden machen, können also nicht in Vorleistung gehen. Das bedeutet eine Mehrfachabrechnung, die auf Seiten der Fördernehmer:innen und Fördergeberin Mehraufwand bedeutet.

Sturm ist selbst sehr unzufrieden und bittet um mehr Beschwerdeschreiben. Er spricht BUCH13 Dank aus für die schriftliche Eingabe, damit habe er etwas in der Hand um zu argumentieren, warum das so nicht geht. Die 30%-Einschränkung komme sicher weg. Mit den neuen Richtlinien seien ab sofort auch Mehrjahresverträge möglich.

Veranstaltungstätigkeiten der Stadt

Sturm will Opern einstellen, wenn es das Angebot in Klagenfurt gibt. Aber von heute auf morgen alles abschaffen gehe nicht, da man an die Abonnent*innen denken müsse. Dazu brauche es eine Strategie und er verweist auf den Kulturstrategieprozess vom Land.

Aus dem Publikum kommt der Vorschlag, Produktionen der Kulturinitiativen ins Aboprogramm aufzunehmen. Sturm bedankt sich für den konkreten Vorschlag. Das könne 2025 umgesetzt werden, wenn der Gemeinderat zustimmt.

Sturm betont, dass alle im Raum gemeinsam für Kultur kämpfen! Zum Abschied bedankt sich Sandriesser für den Austausch: „Ich brauche euch!“ Stoißer fasst die positiven Punkte zum Abschluss zusammen:

  • 3 Jahresverträge sollen künftig möglich werden
  • Subventionsrichtlinie wird überarbeitet, Begrenzung der Vorauszahlungen soll wieder abgeschafft werden
  • Möglichkeit freie Szene ins Abo einbauen (2025?)
  • Arbeitsgruppe für Kulturzeitung soll starten
  • Bereitschaft zur Fortführung der Gespräche von allen Seiten

 

Erhebung der Kulturausgaben und -subventionen der Stadt Villach 2017 - 2021

Das Wissen darüber, wie die Gelder ausgegeben werden, ist als Grundlage erforderlich, um die zukünftige Gestaltung an aktuelle Erfordernisse anzupassen. Diese Bestandsaufnahme, das gegenwärtige Gebaren in aussagekräftige Zahlen zu gießen, ist somit die Ausgangslage, um dieses Wissen in Zukunft verwerten zu können. Eine transparente Darstellung dient dabei der Vergleichbarkeit unter Städten und Ländern, um die eigene Entwicklung verfolgen und zugleich einordnen zu können.

Diese Erhebung ist der Versuch einer Bestandsaufnahme anhand vorhandenener Unterlagen, um eine Entwicklung der Kulturausgaben ablesen zu können. Als Quellen dienten die Kulturberichte, Subventionsberichte und Rechnungsabschlüsse der Stadt Villach.


Kulturausgaben

Anmerkung: Im Rechnungsabschluss werden die Ausgaben für Kunst, Kultur und Kultus zusammengefasst. Dies beinhaltet neben den Kosten von eigenen Institutionen, Volksbüchereien, Maßnahmen zur Förderung von kulturellen Tätigkeiten und Veranstaltungen und Einrichtungen zur Kulturpflege jedoch auch Ausgaben, die über das gemeine Verständnis von Kulturausgaben hinausgehen, wie Denkmalpflege, Heimatpflege, kirchliche Angelegenheiten oder Veterinärmedizin.

Die Gesamtausgaben der Stadt Villach im Zeitraum 2017 – 2021 betragen
€ 1.037.698.551,60.-. Die Ausgaben für Kunst, Kultur und Kultus betragen
€ 20.897.416,77.- und entsprechen damit 2% der Gesamtausgaben. Davon wurde für „Kultur- und Sonstige Subventionen“ € 7.932.292,58.- (0,76%) aufgewendet; in die freie Szene flossen € 3.462.060,15.- (0,33%). 20% des Kulturbudgets fließen in die freie Szene.
Offenbar sind 60% der Kulturausgaben gebunden, 40% stehen für Subventionen zur Verfügung.

Entwicklung

2018 ist das Gesamtbudget der Stadt stark gesunken (über 3 Millionen), gleichzeitig sind die Ausgaben für Kunst, Kultur und Kultus um € 111.110.- gestiegen. Dies spiegelt sich jedoch nicht in den Subventionen für die freie Szene wider, welche von 2017 (€ 720.690.-) auf 2018 (€ 625.900.-) um € 94.790.- oder -13% stark gekürzt wurden. Danach stiegen diese Subventionen wieder etwas an (mit Ausnahme 2020) und betrugen 2019 € 682.299.- (+ € 56.399.- bzw. +9%), 2020 € 656.600€ (- € 25.699.- bzw. - 3,77%), 2021 € 776.571,15 (+ € 119.971.- bzw. +18,27%).

Während die Gesamtausgaben der Stadt im Betrachtungszeitraum von 2017 bis 2021 um 16,56% gestiegen sind, sind die Ausgaben für Kunst, Kultur und Kultus um 13,54% von € 4.634.179,72.- auf € 3.910.825,91.- gesunken. Die Subventionen der freien Szene betragen 2021 € 776.571,15.- und sind damit im Vergleich zu 2017 um 16,65% gestiegen.


freie Szene

Anmerkung: Als Basis dient die von der IG KiKK gemeinsam mit dem Land Kärnten/Koroška erarbeitete Definition „freie Kulturinitiativen“ in den Kulturförderrichtlinien (S.18). Zusammengefasst agiert die freie Szene inhaltlich unabhängig von Politik, Religion und Gesellschaften; dabei ist noch zwischen zeitgenössischer Kunst und Kultur bzw. Brauchtum zu unterscheiden.

Hinsichtlich der Förderhöhe der freien Szene gab es keine großen Entwicklungen seit 2017. 45-50% der Subventionsempfänger bekommen unter € 1.000.-, insgesamt bekommen rund 80% unter € 10.000.-, rund 20% bekommen über € 10.000.-. Auffällig ist, dass der Carinthische Sommer GmbH, die neue Bühne Villach und der Verein Flying Opera übermäßig mehr gefördert werden.

2017 erhielten 82 Personen, Vereine bzw. Gesellschaften Subventionen. Die Anzahl der Förderempfänger:innen sank 2018 von zuvor 82 auf 53 und blieb seither relativ konstant (2019: 58, 2020: 57, 2021: 55). Durch diese Verringerung stieg die durchschnittliche Förderhöhe von 8.788.- (2017) auf € 11.809.- (2018), € 11.763.- (2019), € 11.519.- (2020) und schließlich € 14.119.- (2021).

Betrachtet man anstelle des Durchschnitts den gestutzten Mittelwert – wobei die jeweils zwei höchsten und zwei niedrigsten Fördersummen abgezogen wurden – ergibt sich ein völlig neues Bild. Das Mittel der Förderhöhen liegt 2017 nur bei € 3.705.- (2017), € 4.630.- (2018), € 4.910.- (2019), € 4.407.- (2020), € 5.836,93 (2021).

Der Anteil der freien Szene an den Subventionen beträgt im Durchschnitt 43,74%, nach Jahren 2017 42,59%, 2018 39,36%, 2019 41,35%, 2020 45,10%, zuletzt 2021 50,30%.


Interpretation

Das Sinken des Kulturbudgets ist als kritisch zu betrachten, insbesondere im Vergleich mit den steigenden Ausgaben für Sport, Soziales oder Umwelt. Hier stellt sich die Frage nach dem Interesse und dem politischen Willen nach einer lebendigen Kulturszene. Dafür bedarf es ausreichender Investitionen für Kunst und Kultur.
Positiv zu erwähnen ist die Steigerung der Subventionen für die freie Szene, wenn auch die Förderhöhen (bis auf wenige Ausnahmen) auf tiefem Niveau bleiben und ein Anstieg um 16% angesichts der aktuellen Teuerung und Inflation tatsächlich einer Kürzung gleich kommt.

Insgesamt lässt sich keine inhaltliche Gewichtung anhand der Zahlen ablesen. Einige Vereine verbleiben jahr(zehnte)lang auf einem niedrigen Niveau, Ausnahmen werden ad hoc hochsubventioniert. Ob die Vergabe einer inhaltlichen Gewichtung entspricht, ist von politischer Seite zu beantworten. Hinsichtlich der Genres lässt sich keine Schwerpunktsetzung erkennen. Insgesamt unterstreichen die Zahlen den Wunsch der freien Kulturszene in Villach nach einem Kulturleitbild, welches Perspektiven, Handlungsfelder und Zielsetzungen für die kulturelle Entwicklung der Stadt Villach bietet.