Jour Fixe mit DI Dieter Spath, Leiter der „Regionale“

Michael Petrowitsch stellt den heutigen Gast vor, den Neointendanten der Regionale, DI Dieter Spath. Die Regionale ist das Nachfolgeprojekt der steirischen Landesausstellungen und seit gestern steht fest, dass Feldbach mit dem Projekt „Diwan“ den Zuschlag bekommen hat.

Jour Fixe am 13. Juni 2007, Radio Helsinki, Graz

Jour Fixe mit DI Diether Spath, Intendant des neuen Festivals Regionale, dem Nachfolgeprojekt der Landesausstellungen

13. Juni 2007, 17 Uhr im Foyer des Studios Radio Helsinki, Griesgasse 8, 8020 Graz

Michael Petrowitsch stellt den heutigen Gast vor, den Neointendanten der Regionale, DI Dieter Spath. Die Regionale ist das Nachfolgeprojekt der steirischen Landesausstellungen und seit gestern steht fest, dass Feldbach mit dem Projekt „Diwan“ den Zuschlag bekommen hat.

Michael Petrowitsch, Dieter Spath
Michael Petrowitsch, Dieter Spath

Petrowitsch: Veranstaltungsort ist Feldbach. Viele haben gedacht, dass zunächst ein Dreiervorschlag eingebracht wird und dann eine Entscheidung seitens der Regierung getroffen wird. Das hat man politisch offenbar umschifft. Ist Feldbach das beste Konzept gewesen?

Spath: Es hat kein bestes Projekt gegeben. Es hat zwar einen Dreiervorschlag gegeben. Er hat unseren Vorschlag angenommen und das zeigt, dass Flecker keine politische Entscheidung wollte. Flecker vertraute dem Juryvorschlag. Die Entscheidung ist nicht schwer gefallen. Ich glaube, das Projekt, das wir jetzt haben, ist eines, mit dem können wir arbeiten. Ich würde mir ein Festival ohne Grenzen wünschen und wünsche mir auch bei dem Projekt, dass es Brückenschläge gibt – in die Weststeiermark, nach Slowenien etc.

Petrowitsch: Zur Projektfindung noch eine Frage: Ich entnehme der ORF-Homepage, dass noch keine konkreten Projekte genannt wurden. Was war dann das Ausschlaggebende für dieses Projekt zu stimmen? War es der Ort? Ich kenne ein Projekt, das schon sehr genau ausgearbeitet wurde!

Spath: Normalerweise hat ein Intendant drei Jahre Zeit, so ein Projekt zu verwirklichen. Ich bin kein klassischer Intendant. Mir fehlt extrem die Recherchephase. Für mich ist nichts festgeschrieben. Es gibt einen richtigen Ansatz: Ein städtisches Problem, das der Migration, in der Region zu diskutieren.

Petrowitsch: Gerade da wäre es wichtig gewesen, die gesamte Steiermark mit einzubeziehen. Da auch hier Projektanten sitzen, meine Frage: An wen wendet man sich, wenn man ein Projekt hat? An Sie oder Herrn Kada?

Spath: Bitte an mich wenden. Der kommt zu mir und nicht zum Herrn Kada und auch nicht zum Bürgermeister. Alle sollen sich melden, die ein Projekt in diesem Kontext anbieten.

Petrowitsch: Auf Platz zwei ist Deutschlandsberg. Es war also eine knappe Entscheidung?

Spath: Mein favorisiertes Projekt ist es dann nicht geworden. Die Ausschreibung war nicht gut. Es müsste eine Feedbackschleife für die Regionen eingebaut werden.

Petrowitsch: Wie viel Projektbudget ist da?

Spath: Das Gesamtbudget ist soviel wie die Hälfte des Budgets der Landesausstellungen bisher. Es sind 3 Mio. Euro. Das Budget ist um die Hälfte gekürzt worden. Das ist nur Geld für die Produktion. Das bekommt im Endeffekt auch die Region.

Petrowitsch: Wo hast Du Dein Büro?

Spath: Mein Büro ist im Schloss Hainfeld. Das Schloss wird nicht umgebaut.

Frage aus dem Publikum (Ilse Weber, ESC): Ich war Mitglied in der Kommission 2000, wo es darum ging, die Landesausstellungen abzuschaffen. Es ging um die Kunst- und Kulturentwicklung am Land, gegen Verfestivalisierung, gegen die Landesausstellungen. Ich halte die Funktion, die Herr Spath ausfüllt für einen kulturpolitischen Fehler, für eine kulturpolitische Obszönität. Es ist wieder genau das passiert, was immer passiert: Es wird Geld freigeschaufelt; aufgrund unserer Arbeit stehen endlich einmal 4 Mio. Euro zur Verfügung. Und was macht man? Man bindet das Geld wieder institutionell: an die Intendanz, man schafft ein Büro. Allein die Bürokosten betragen 1,3 Mio. und dafür arbeitet eine Initiative auf dem Land 60 Jahre! Es ist Aufgabe der Kulturpolitik, die Kunstvereine am Land zu fragen, was wollt ihr machen, was braucht ihr. Das hätte vermarktet gehört. Und das hätte Frau Vauti von der KSG locker mitmachen können. Das jetzt wieder ein Projekt ausgewählt wird, wo ein Herr Kada, dessen Designprojekt von 2003 uns allen noch sehr genau in Erinnerung ist, denen, die sich am Land Tag für Tag und Jahr für Jahr den Arsch aufreißen um Peanuts, erzählt, was Kunst und Kultur ist, ist schlichtweg eine Sauerei.

Frage aus dem Publikum (Wolfgang Pollanz, Kürbis Wies): Ich würde gern wissen, welche Kulturinitiativen aus Feldbach in das Projekt involviert sind? Wir arbeiten um Peanuts seit 30 Jahren und noch länger! Wir machen Kultur am Lande und werden ständig mit Peanuts abgespeist. Jetzt fließen wieder 3 Mio. Euro in eine Region, wo schon Herberstein steht. Der Bürgermeister von Feldbach ist dafür bekannt, ein Ortskaiser zu sein, der alles im Alleingang macht. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit ihm. In unserem Entwurf im Landeskulturbeirat, wo ich auch gesessen bin, wurde festgeschrieben, dass es einen regionalen Koordinator geben soll und, dass die Bürgermeister überhaupt kein Mitspracherecht haben sollen. Das ist ein Kunst- und Kulturprojekt! Und nun ist ein Bürgermeister der regionale Koordinator. Ich bin ziemlich aufgebracht und finde das zum Kotzen!


Petrowitsch: Gibt es Initiativen vor Ort oder ist das nur eine aufgesetzte Sache in Kooperation mit einem Bürgermeister?

Spath: Natürlich gibt es Initiativen vor Ort. Ich glaube, dass die, die Regionen branden, im Rahmen eines solchen Festivals attackiert werden können und mit denen etwas bauen kann. Die Conclusio aus den Wortmeldungen ist für mich, warum man nicht hineingeschrieben hat, dass es ja keinen Intendanten geben darf.

Meldung aus dem Publikum (Wolfgang Pollanz, Kürbis): Das war so, dass wir im Landeskulturbeirat den Auftrag bekommen haben, eine Fortsetzungsveranstaltung der alten Landesausstellung zu finden. Es gab Meldungen, dass das Geld in die Regionen fließt. Und dann hat man gesagt – ich sage das jetzt sehr polemisch – die Dodeln am Land brauchen eine Kontrolle. Es soll einen Intendanten geben, eine Art Qualitätskontrolle.

Frage aus dem Publikum (Edith Zitz, Die Grünen): Meine freie Assoziation ist, dass ein Bürgermeister, der mir bisher kulturpolitisch noch nicht untergekommen ist, auf einmal Hauptkoordinator ist und nicht zufällig SPÖ-Bürgermeister ist in einer Region, die sonst stark ÖVP dominiert ist. Man muss diesen machtpolitischen Aspekt am Anfang einbringen. Meine konkrete Frage: Wie kann die Kooperation mit einem Bürgermeister ausschauen, der stark auftritt, wenn es um Projekte geht? Ein Aspekt, den ich auch nicht verstehe ist, dass ich es wichtig gefunden hätte, diesen Prozess zu entschleunigen. Und dass sie jetzt ein Jahr Zeit haben, um so ein Projekt auf die Reihe zu kriegen, ist sehr riskant.

Spath: Für mich als Architekt ist ein Projekt mit einer kurzen Vorlaufzeit ständige Realität. Das schockt mich nicht, auch das Geld schockt mich nicht.

Frage aus dem Publikum: Wie ist der Zeithorizont dieses Festivals und können auch Künstler, die nicht in der Region ansässig sind, Projekte einreichen, um sie dort zu realisieren?

Spath: Ja, das Konzept ist so gestrickt, dass die Region offen sein sollte. Für mich fängt das in Leibnitz an, wenn wir von der Südoststeiermark reden. Internationalität fängt um die Ecke an. Der Zeithorizont ist der, dass von Juli bis September das eingereichte Rohkonzept in ein Feinkonzept umgearbeitet wird. Ab Oktober beginnt die Produktionsarbeit. Das heißt es gibt drei Monate an Recherche und danach sind sicher noch Möglichkeiten offen, Zuladungen zu machen. Das Festival wird eher eine mehrmonatige Sache sein, eventuell zwei Mal sechs Wochen mit einer Pause dazwischen – ca. von Frühsommer bis „Steirischer Herbst“.

Petrowitsch: Du entscheidest weiterhin zusammen mit dem fünfköpfigen Beirat?

Spath: Ja, das ist ganz wichtig. Das Gremium trägt weiterhin alle Entscheidungen mit.

Petrowitsch: Es wird immer wieder Fixstarter geben, die dann an dich herantreten. Es gibt große Häuser, die sich an dich wenden werden. Zum Beispiel das Joanneum. Entscheidet da wirklich das Gremium und schließt gewisse Fixstarter aus, die zum Beispiel ein Bürgermeister favorisiert? Seht ihr euch als politisches Gremium?

Spath: Generell ist die Einreichfrist mit dem vorgeschlagenen Rahmen zu Ende. Ich hoffe, dass alle, die sich jetzt alle, die sich in dem Projekt nicht finden, sobald der erste Groll vorüber ist, einsehen, dass man die unbedingt braucht.

Frage aus dem Publikum (Monika Klengel, Theater im Bahnhof): Ich höre verschiedene Schlagworte, aber was ist der Inhalt. Was hat den Ausschlag gegeben für „Diwan“, warum?

Frage aus dem Publikum (Heimo Steps, StWUK): Noch eine Zusatzfrage: Wie wird die zeitgenössische Kunst integriert? Nachdem alle Konzepte gelobt wurden, ist es denkbar, dass die Konzepte zum Beispiel auf den Kulturserver gestellt werden?

Spath: Zur zeitgenössischen Kunst: In dem Konzept ist alles drinnen, was man braucht: Land Art etc. Zum Inhalt: Freiherr von Hammer-Purgstall war ein wesentlicher Übersetzer und war Inspiration für Goethe. In dem Schloss finden wir Kalligraphien, die er übersetzt hat und die sind Träger dieser orientalischen Kultur. Orientalismus soll über diesen Freiherrn bespielt werden. Der ist der Öffner des Themas Osten, des Themas Fremde.

Frage aus dem Publikum (Reni Hofmüller, ESC): Ich beziehe mich auf die Ausschreibung vom Land Steiermark. Da steht, dass alle eingereichten Konzepte dem Land Steiermark gehören. Ihr müsst das zurückgeben! Die Rechte gehören denen, die eingereicht haben. Man kann es ja veröffentlichen!

Spath: Das geistige Eigentum ist immer bei euch. Es gibt das Nutzungsrecht.

Frage aus dem Publikum (Margarethe Makovec, rotor): Wie viel Geld ist bereits fix gebunden für die Hauptgeschichten und wie viel Freiraum bleibt dir als künstlerischer Leiter? Ist das nur mehr ein Redigieren?

Spath: Es ist ein Jonglieren, um ein Projekt nicht zu zerstören. Die Projektpartner sind etabliert, aber sie werden harte Schläge einstecken müssen. Es ist inhaltlich gut begonnen mit dem lokalen Übersetzer. Es kann sein, dass wir 80% so umsetzen können, wenn wir es geprüft haben, es kann aber auch sein, dass wir nur 30% nehmen, weil alles andere nur ein Schmücken der Idee war. Es ist ja so, dass diese Idee schon gegoren hat, eine Vorzeit hatte, sogar als Landesausstellung im Gespräch war.

Petrowitsch: Du sitzt ab morgen im Schloss Hainfeld. Und dorthin sollen wir die Post schicken, wenn man sich beteiligen will?

Spath: Ich bin Angestellter der steirischen Verwaltung. Ihr schickt das per Post oder Mail zu meinen Händen an die Abteilung 9 der Landesverwaltung, an die Frau DDr. Russ.

Frage aus dem Publikum (Ilse Weber, ESC): Wie viel Geld geben sie frei, dass alle, die eingereicht haben, abgegolten werden. Es ist nicht schon wieder unser Kaffee, umsonst Ideen zu liefern. Das entscheiden nun Sie. Was sind Ihre Maßnahmen, um K.U.L.M, Kürbis Wies, Straden, Schloss Lind dort abzuholen, wo sie arbeiten, das zu erfüllen, was sie machen wollen. Ich bin nicht neugierig, ein Schloss zu besichtigen, weil dann haben wir wieder eine Landesausstellung. Ich will K.U.L.M und kürbis besuchen. Was haben Sie vor, für die steirischen Kulturinitiativen monetär und medial zu unternehmen, um das, was da fehlgelaufen ist, wieder gut zu machen? Oder sollen wir wieder zusammenhalten, dass das Festival wieder abgeschafft wird?

Petrowitsch: Es gibt zahlreiche Initiativen am Land, die eingebunden gehören. Die Freie Szene gehört eingebunden. Ich nehme an, es wird Fixstarter geben. Es gibt immer Fixstarter, wo es finanziell läuft und die anderen können sich dann um die Netsch streiten. Und da bitte ich dich wirklich, schau dir die Projekte gut an und verteil die Gelder auch so, dass die Leute und Initiativen damit gut durchkommen!