Agieren nach dem Tod von Seibane Wague
"KünstlerInnen reagieren nach dem Tod von Seibane Wague" stand auf einem Flyer, den einige UnterzeichnerInnen dieses knappen Statements während der Demonstration mit der zentralen Forderung "Gerechtigkeit für Seibane Wague", "Gegen den institutionellen Rassismus" am 25. Juli verteilten. Zehn Tage zuvor war Seibane Wague beim Afrikadorf im Wiener Stadtpark unter aufklärungsbedürftigen Umständen während der Gewaltanwendung durch Polizei und Rettung gestorben.
"KünstlerInnen reagieren nach dem Tod von Seibane Wague" stand auf einem Flyer, den einige UnterzeichnerInnen dieses knappen Statements während der Demonstration mit der zentralen Forderung "Gerechtigkeit für Seibane Wague", "Gegen den institutionellen Rassismus" am 25. Juli verteilten. Zehn Tage zuvor war Seibane Wague beim Afrikadorf im Wiener Stadtpark unter aufklärungsbedürftigen Umständen während der Gewaltanwendung durch Polizei und Rettung gestorben.
"Ausstellungen und Statements" war auf jenem Flugblatt ebenfalls zu lesen und sollte auf das spontane Vorhaben des Kurators Sidy Mamadou Wane verweisen, im Rahmen einer Ausstellung KünstlerInnen Raum für individuelle Statements zum Vorfall im Stadtpark zu geben. Die Verwirklichung dieses Plans rückt nun erst 2004 in greifbare Nähe. WUK und Basis Wien haben Interesse angemeldet, Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.
"Agieren nach dem Tod von Seibane Wague" war der Titel eines Präsentationsforums antirassistischer Initiativen, das im Oktober im Depot in Wien als (Zwischen-)Ergebnis von mehreren Arbeitstreffen stattgefunden hat. Eine offene Einladung rief Gruppen und AktivistInnen aus kulturpolitischen, soziokulturellen und sozialen Bereichen zur aktiven Teilnahme und weiteren Einladung von wieder anderen Gruppen und AktivistInnen auf. Nicht die OrganisatorInnen wollten exklusiv über TeilnehmerInnen entscheiden, sondern Umfang und Zusammensetzung sich entsprechend den Rückmeldungen selbst gestalten. In einer fast achtstündigen, moderierten Präsentationsfolge haben letztlich gut zwei Dutzend Gruppen sich bzw. ihre Projekte vorgestellt.
Eine alle verbindende Zielvorstellung für den Veranstaltungsabend wurde ausdrücklich nicht formuliert. Keine Gründung einer neuen Plattform, kein Versuch einer gemeinsamen Deklaration oder Petition am Tagesende als kleinster gemeinsamer Nenner. Der Einladungstext blieb in der Beschreibung von Ideen und möglichen Effekten entsprechend unverbindlich: "Es geht nicht darum, zu einer gemeinsamen Definition, zu einer gemeinsamen Methode von Antirassismusarbeit zu kommen. Die Veranstaltung soll einen Überblick über verschiedene Definitionen, Formen, Zugänge geben. Es können neue Netzwerke entstehen, es können sich bestehende Netzwerke vergrößern. Die Veranstaltung kann ein Anstoß zu temporären und/ oder partiellen Allianzenbildungen sein. Es können Ressourcen gebündelt, es kann von Erfahrungen anderer profitiert werden."
Mehr als für AktivistInnen und Interessierte einen Treffpunkt zu bilden, einen aktuellen Über- bzw. Einblick in das Spektrum an Aktivitäten zu verschaffen - so partiell und ausschnitthaft dieser auch immer nur sein kann -, ist mit der gewählten Veranstaltungsform auch kaum möglich. Es gab weder eine abschließende offene Diskussionsrunde am Veranstaltungstag, noch waren die meisten der späteren TeilnehmerInnen - abseits von einem Vorbereitungstreffen - in den Entstehungsprozess des Präsentationsforums involviert. Der nur durch zwei kleinen Pausen unterbrochene Präsentations-Marathon stand sogar in beiläufiger Konkurrenz zum Vernetzungs- und Austauschgedanken auf individueller Ebene vor Ort - auch, wenn die Qualität der Veranstaltung (jenseits des hohen Informationsgehalts) letztlich dennoch genau in der (im Gesamten niemals nachvollziehbaren) Vernetzung einzelner Initiativen und AktivistInnen sowie Anbahnung von zukünftiger - sei es punktueller oder nachhaltiger - Zusammenarbeit gelegen haben wird. Und, wie die verschiedenen Erfahrungen zeigen, auch tatsächlich ist. Was in einem größeren Umfang Fortsetzung oder Konsequenz dieses vorerst punktuellen Zusammentreffens sein kann oder wird, ist vorerst noch offen.
"Agieren nach dem Tod von Seibane Wague" meinte für die InitiatorInnen des Präsentationsforums den Tod von Seibane Wague als Anstoß anzusprechen. In dieser Hinsicht muss der Anlassfall gewissermaßen gar als beliebig gelten. Schließlich war Seibane Wague bereits der sechste Tote seit 1999 aus unmittelbarem Zusammenhang mit polizeilichem Handeln, dem bis heute lediglich in einem Fall eine Verurteilung (wegen fahrlässiger Tötung von Marcus Omofuma) gegenüber steht. (Siehe Kulturrisse 03/03; Daniel Ennöckl: Gewaltanwendung durch Staatsorgane, S. 30-31). Diesen Zustand eines von Rassismus geprägten Klimas in Österreich als Herausforderung, effektiver zu agieren und politische Gegenstrategien zu entwickeln, anzunehmen, war entsprechend - wenn auch nicht neu - (Eigen-)Appell des OrganisatorInnenteams.
Mindestens zwei Gruppen haben sich in direkter Folge auf Seibane Wagues Tod formiert: die "Plattform Gerechtigkeit für Seibane" und das "Menschenrechtskomitee - Cheibani". Andere Initiativen und AktivistInnen haben mit der Organisation von Nachtwachen vor dem von Brandanschlägen gefährdeten Afrikadorf, mit dem hier vorgestellten Präsentationsforum, Rücktrittsforderungen an den Bundesminister für Inneres und anderen Aktivitäten mehr reagiert. Insofern war und ist der Veranstaltungstitel auch Programm.
Informationen zum Präsentationsforum "Agieren nach dem Tod von Seibane Wague", eine Liste der TeilnehmerInnen sowie Kontaktdaten sind unter www.igbildendekunst.at/seibane zu finden. Im freien Radio in Wien, Orange 94.0, findet das Präsentationsforum eine Fortsetzung und Wiederholung, bei der jeweils samstags von 17 bis 18 Uhr Radio ICAP Initiativen der Antirassismusarbeit einlädt, um on Air über ihre Aktivitäten zu berichten.
Daniela Koweindl hat gemeinsam mit Di-Tutu Bukasa, Lisl Ponger, Ula Schneider, Sidy Mamadou Wane und Unterstützung durch das Depot-Team das Präsentationsforum "Agieren nach dem Tod von Seibane Wague" organisiert.