Die Zukunft der EU-Kulturförderung - das sagen die SpitzenkandidatInnen der EU-Wahl
Wir haben die SpitzenkandidatInnen der EU-Wahl zu ihren Positionen zur europäischen Kulturpolitik befragt: Wie stehen sie zu einer Verdopplung des Kulturbudgets? Welche Prioritäten würden sie in der EU-Kulturförderung im Rahmen des Programms Creative Europe setzen?
Hier kommt ihr zu den Antworten der sieben in Österreich zu EU-Wahl antretenden SpitzenkandidatInnen, sortiert nach den Wahlergebnissen der letzten EU-Wahl. Sie wurden leicht redigiert, so sich Tippfehler eingeschlichen haben und gekürzt, wenn die Antworten den Rahmen gesprengt haben.
- Othmar Karas für die ÖVP
- Andreas Schieder für die SPÖ,
- Harald Vilimsky für die FPÖ,
- Werner Kogler für die GRÜNEN,
- Claudia Gamon für die NEOS,
- Johannes Voggenhuber für die Initiative 1 EUROPA
- Katerina Anastasiou und Katalin Erdödi für die Liste KPÖ PLUS - European Left.
Othmar Karas ist der Spitzenkandidat für die ÖVP.
"Der Kulturausschuss des Europäischen Parlaments hat gefordert, dass die Mittel für die Kulturförderung im zukünftigen Mehrjährigen Finanzrahmen deutlich erhöht werden sollen. Die Mittel für das Programm "Kreatives Europa" sollen auf 2,8 Milliarden Euro für die Zeit von 2021-2027 verdoppelt werden. Zusätzlich fordert das Parlament, dass ein Prozent der Gesamtausgaben für alle EU-Programme in der nächsten Finanzierungsperiode für Kultur gewidmet werden sollen. Wir nennen das eine horizontale Priorität für die Kulturförderung. Wie hoch die Dotierung am Ende sein wird, hängt jetzt an den Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament, die im Herbst stattfinden.
Für die inhaltliche Ausrichtung der künftigen europäischen Kulturpolitik setzen wir auf die Zusammenarbeit zur Sicherung und Förderung der kulturellen Vielfalt und des kulturellen Erbes. Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit des kulturellen und kreativen Sektors erhöhen und die internationalen Kulturbeziehungen stärken. Auch den audiovisuellen Sektor wollen wir in Europa stärken. Und wir wollen eine vielfältige Medienlandschaft sichern sowie die Medienkompetenz der Bevölkerung fördern, damit Fake-News nicht auf fruchtbaren Boden fallen. Schließlich müssen wir dafür sorgen, dass auch kleinere Kulturorganisationen Zugang zu den EU-Fördertöpfen erhalten."
Andreas Schieder ist Spitzenkandidat der SPÖ.
"Wir befürworten eine Stärkung der europäischen Kultur- und Medienlandschaft und höhere Investitionen in diese. Es muss allerdings sichergestellt sein, dass zur Verfügung gestellte Mittel die kulturelle Vielfalt sichern und nicht nur einigen wenigen zugutekommen.
Das derzeitige Programm hat zu einer Fokussierung auf große, kommerzielle Projekte geführt. Wir wollen sicherstellen, dass in Zukunft die kleinteilige österreichische Kulturlandschaft besser Berücksichtigung findet. Dringend erforderlich wären beispielsweise auch Vereinheitlichungen und Vereinfachungen bei den Abrechnungsformalitäten und die Anerkennung von Eigenleistung bei Freiwilligenarbeit. Darüber hinaus existiert ein Problem bei Ko-Finanzierungen: Mitunter werden EU-Förderungen gewährt, eine nationale Ko-Förderung jedoch verweigert, womit das eingereichte Projekt nicht stattfinden kann. Hier muss sichergestellt sein, dass in Zukunft keine EU-Gelder verloren gehen."
Harald Vilimsky ist Spitzenkandidat der FPÖ.
"Wir wollen in allen Bereichen ein schlankeres EU-Budget und stimmen einer möglichen Verdoppelung im kommenden MFR nicht zu. Da der Wegfall der Briten auch im Finanzrahmen ein Loch hinterlässt, sind wir der Meinung, dass derart drastische Erhöhungen nicht angebracht sind.
Grundsätzlich ist ein solches Förderprogramm zu begrüßen, obgleich sich natürlich die Frage stellt, ob solche Förderungen unbedingt auf EU-Ebene erfolgen müssen, wenn man das auch in den Mitgliedsstaaten abbilden kann. Jedenfalls aber muss Kultur in ihrer Wirkung und in ihrer Entstehung frei bleiben. Eine Verknüpfung mit etwaigen politischen oder weltanschaulichen Richtlinien lehnen wir ab. Im Mittelpunkt muss immer Pluralität und Vielfalt stehen, die Europa ausmachen."
Werner Kogler ist der Spitzenkandidat der GRÜNEN.
"Aus all den bereits genannten Gründen sind wir natürlich für eine größtmögliche Aufstockung des Kulturbudgets. Gerade in Fragen des Budgets haben die Grünen im Europäischen Parlament schon in der Vergangenheit wichtige Akzente gesetzt und beispielsweise erfolgreich die Erhöhung der EU-Investitionen in die Kreativ- und Kulturwirtschaft durch den Europäischen Fonds für strategische Investitionen und das Programm 'Creative Europe' gefordert.
Wie schon in der Vergangenheit sollte man auch weiterhin darauf achten, mit den geförderten Projekten eine möglichst große Reichweite zu erzielen, d.h. möglichst viele Bürgerinnen und Bürger zu erreichen und den Zugang zu Kultur zu erleichtern – mit Aktionen, die komplementär sind zu den politischen Initiativen in den Mitgliedstaaten bzw. idealerweise innovativer, visionärer, revolutionärer sind als diese. Außerdem sollten sie so viele künstlerische/kreative Bereiche und Sparten wie möglich umfassen."
Claudia Gamon ist Spitzenkandidatin der NEOS.
"Ich finde diese Forderung richtig und wichtig. Es muss jedoch gleichzeitig sichergestellt werden, dass die Förderungen auch wirklich dort ankommen, wo sie sinnvoll eingesetzt werden können.
Für mich würden vor allem nationenübergreifende Projekte hohe Priorität haben. Dadurch soll es zu einer verstärkten Vernetzung und Internationalisierung der Kultur kommen. Das schließt auch die Mobilität von Kunstschaffenden ein. Wie oben bereits erwähnt würde ich die Umfeld- und Infrastrukturförderung in den Fokus stellen. Freiheit und Freiräume für kulturelle Akteure stehen im Mittelpunkt."
Johannes Voggenhuber ist der Spitzenkandidat für die Initiative 1 EUROPA.
"JA, u.a. auch aus den sich ergebenden angegebenen Faktoren welche auszugsweise in der Beantwortung der Frage 2 angeführt sind. Ferner würden wir auch für eine Harmonisierung und Anpassung sozialer Standards im Kunst & Kulturbereich eintreten um Prekarität und Altersarmut im Bereich Kunst & Kultur eindämmen zu können.
Das Förderprogramm »Creative Europe« ist ein wichtiges Instrument der europäischen Kulturpolitik, das vor allem von der Kreativwirtschaft und von großen Organisationen im Kulturbereich in Anspruch genommen wird. Künftig sollten auch verstärkt kleinere Organisationen und Netzwerke aus dem Bereich Kunst und Kultur eine Förderung von »Creative Europe« nutzen können. Bei Vergabe von EU Mitteln greifen auch stringente EU Kontrollmechanismen und zu erfüllende Voraussetzungen. Hier müsste ein Mittelweg der diesbezüglichen Adaptierung der kleineren Organisation hin zu den unabdinglichen EU „Requirements“ einerseits und eine Vereinfachung der Anforderungen der EU an die kleineren Organisationen andererseits stattfinden. Die gleichen Herausforderungen bestehen u.a. auch z.B. bei Universitätsprojekten."
Katerina Anastasiou (Listenplatz 1) und Katalin Erdödi (Listenplatz 5) für die Liste KPÖ PLUS - European Left.
"Wir unterstützen die Forderung nach einer Verdoppelung des EU-Budgets für Kultur, aus Gründen, die schon oben erwähnt sind. Allerdings mit einer künftigen Aufstockung des Budgets müssen auch die Schwerpunkte und die Strategien der europäischen Kulturpolitik reflektiert werden. Die aktuelle Kulturförderung tendiert die strukturelle Ungleichheit zwischen und innerhalb der Mitgliedsländern zu reproduzieren: als »KPÖ PLUS – European Left« stehen wir für eine Förderpolitik im Sinne der „kulturellen Demokratie“, die z.B. auch kleinere, community-basierte Projekte berücksichtigt und aktiv unterstützt.
Eine der Prioritäten wäre das Förderprogramm auch für kleinere Institutionen und Organisationen leichter zugänglich zu machen und damit Kooperationen und Partnerschaften zu ermöglichen, die die oben erwähnten strukturellen Ungleichheiten innerhalb des Kunst- und Kulturbereichs auf einer europäischen Ebene entgegenwirken und eine Verteilungsgerechtigkeit anstreben. … Ebenfalls wichtig wäre die inhaltlichen Schwerpunkte des CREATIVE EUROPE Programms entlang einen erweiterten Kulturbegriff neu zu definieren, der auch indigene, migrantische und weitere minoritäre Positionen berücksichtigt und der mit einer feministischen, antirassistischen und dekolonialen Auffaussung von Kunst und Kultur arbeitet."
Mehr über die Positionen der KandidatInnen zu Kulturfragen:
Alle Antworten in voller Länge
Zur Richtung in die Europa gehen soll und zur Rolle der Kultur
Welche Rolle die EU für Kunst- und Kulturschaffende wie Kultureinrichtungen spielen soll
Wie das Kulturbudget aussehen soll und wie Creative Europe ausgerichtet werden soll