"Weltretten mit der Nähmaschine" - Klimakultur im Gespräch: Martina Eigner, Nähküche
Was kann die Kultur fürs Klima? Umweltschutz im Kunst- und Kulturbereich schien lange Zeit Nebensache und fehlt in den meisten Visionen und Missionstatements weitgehend. Dabei zeigen viele Initiativen und Projekte seit langem, wieviele spannende Impulse zu dem Thema aus dem Sektor kommen. Patrick Kwasi von der IG Kultur im Gespräch mit der Klimakultur. Hier mit Martina Eigner, Nähküche, Linz.
Was macht euer Verein?
"Weltretten mit der Nähmaschine“ unter dem Motto: „Nachhaltigkeit darf auch Spaß machen“. Do it yourself allein wird die Welt aber nicht retten können, do it together schon eher. Mit unserem Verein tragen wir zur Verbreitung der Vision einer nachhaltigen Gesellschaft bei und setzen sie in den Kontext positiver Emotionen. in der offenen Nähküche verleihen wir mit unserer Nähwerkstatt dem fast in Vergessenheit geratenen Handwerk des Nähens und Schneiderns ein neues Gesicht: Wir arbeiten intuitiv, kreativ-schöpferisch, gemeinschaftlich und professionell an Kleidungsstücken, Taschen und textilen Gegenständen aller Art. Ausgediente Kleidungsstücke, Vorhänge, Bettwäschen, Fahrradschläuche und Lastwagenplanen verwandeln sich in besondere Einzelstücke, die von vielen getragen, verschenkt und bewundert werden. Wir bieten Raum, Werkzeug, Know-How sowie Materialen, und laden jede/n zum Mitmachen ein!
Wie seid ihr darauf gekommen?
Im Frühling 2012 hat sich eine Handvoll engagierter Menschen zusammengefunden, die nicht länger nur über neue Lebensstile und alternative Wege diskutieren, sondern einfach mal selbst handeln wollte. Durch das Engagement von Felicitas Egger im Verein Fairplanet und bei den Südwind AktivistInnen ergab sich die Chance, am Fairplanet einen eigenen Stand zu gestalten: Sehr spontan war die Idee der Nähküche geboren und am 26. Mai wurde sie schon tatkräftig umgesetzt. Das Angebot wurde so gut angenommen, dass schon nach wenigen tagen Anfragen hereinflatterten, ob die Nähküche auch bei anderen Veranstaltungen angeboten werden könnte. Bis zum Herbst hatten sich unser Tätigkeitsspektrum und unsere gesellschaftlichen Anliegen soweit herauskristallisiert und fokussiert, dass wir es an der Zeit fanden, einen gemeinnützigen Verein zu gründen: Die Nähküche. Eine offene Nähwerkstatt.
Warum ist euch das Thema Umwelt, Klima, Nachhaltigkeit wichtig?
Eigentlich sollte die Fragen heißen, warum sind jemanden die Themen Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit nicht wichtig? Denn für uns ist es eine Selbstverständlichkeit sorgsam mit der Umwelt umzugehen. Nachhaltigkeit ist für uns ein Prinzip der Nähküche, denn wir können aus jenem Überfluss schöpfen, den andere nicht mehr benötigen: Stoffe, Nähmaschinen, Nähzubehör, Schnitthefte wäre unsinnig zu kaufen. Diese warten meist jahrelang in Schränken, Koffern oder Schachteln bis sie uns gespendet werden.
Wie wird das von den Leuten angenommen?
Wie sich im den vergangenen Jahren gezeigt hat, sprießt unsere Idee und wächst aufgrund der fast unglaublichen öffentlichen Resonanz und des äußerst positiven Feedbacks immer weiter. Menschen unterschiedlichen Alters und mit den unterschiedlichsten kulturellen und sozialen Hintergründen nutzen unsere wöchentliche offene Nähwerkstatt und unser Angebot bei unterschiedlichen Klein- und Großveranstaltungen um Neues aus Altem zu zaubern oder auch „nur“ um Hosen zu kürzen oder einen neuen Reißverschluss einzunähen. Die Nähküche mit ihrem Inventar und allen Beteiligten wird als Gemeingut wahrgenommen und regt die unterschiedlichsten Menschen zur individuellen Nutzung an.
Wie glaubt ihr, wie sich das in Zukunft entwickeln wird?
Die Zeit für Selber-Machen hat erst begonnen. Sinnvolle Tätigkeiten werden immer mehr gesucht. Deswegen werden aktuell solche Initiativen immer mehr. Man muss dem aktuellen ausbeuterischen Wirtschaftssystem schon etwas entgegensetzen und nachhaltige Änderungen entstehen immer im Kleinen.
Martina Eigner ist Grafikerin und Kunsthandwerkerin im Bereich Upcycling und Redesign und Obfrau der Nähküche und Co-Präsidentin vom Verein "Luft*raum - Verein zur Förderung von soziologie-ökologischen Experimenten.
Coverfoto: a_kep