Schwerpunkt: Generationenwechsel – Übergabe Kultur

Die aktuelle Ausgabe des IG Kultur Magazins widmet sich dem Generationenwechsel im Kulturbereich – den unterschiedlichen Rahmenbedingungen, Herausforderungen aber auch Potenzialen, die die Übergabe eines Kulturvereins an Folgegenerationen birgt.

Ausschnitt des Covers des IG Magazins Ausgabe 01.25, © Patrick Kwasi, erstellt mit KI-Unterstützung

 

 

Zum Magazinschwerpunkt: Übergabe Kultur

Bettina Mair, Gabriele Gerbasits 

 

Sie ist in die Jahre gekommen – die soziokulturelle, freie, subkulturelle Szene. Es ist die Gründungsgeneration, deren Zentren in den Ausläufern der großen sozialen Bewegungen der 60er und 70er Jahre entstanden sind und die beginnt sich zu verabschieden. Es waren die Boomer und Post-68er, die v.a. in den 90ern zahlreiche Kulturinitiativen gegründet haben. Diese Generationen haben jene Art der Kultur mehr oder weniger erfunden. Sie haben Orte besetzt, Nutzungsrechte erkämpft, Strukturen aufgebaut. Es entstanden Zentren in alten Fabriken, Hallen oder Mühlen, verlassenen Krankenhäusern, oder Gebäuden, die zum Abriss bestimmt waren, wie es beim im Magazin vorgestellten Kulturverein Bahnhof in Andelsbuch der Fall war. Oft hält in diesen Initiativen und Vereinen die Gründungsgeneration seit Jahrzehnten die Posten der Geschäftsführung inne. Jetzt kommen viele ins Pensionsantrittsalter und haben nicht selten Probleme mit der Nachfolge. Ein großer Generationenwechsel im Kulturbereich hat in den letzten Jahren begonnen.
 

In der aktuellen Magazinausgabe ÜBERGABE KULTUR des „Zentralorgans für Kulturpolitik und Propaganda“ möchte sich die IG Kultur dieser Thematik annehmen, unterschiedliche Rahmenbedingungen beleuchten, Herausforderungen aufzeigen sowie den Blick auch auf die oft übersehenen Potenziale richten, die die Übergabe eines Vereins an Folgegenerationen birgt. So unterhält sich Monika Pink mit Anne Wiederhold-Daryanavard beispielsweise darüber wie sich Institutionen bei der Nachfolgefrage in Bezug auf Diversität reflektieren können, um sicherzustellen, dass Kunst und Kultur weiterhin etwas mit der Gesellschaft zu tun hat. Ein Aspekt den Lutz Liffers bereits 2017 im Magazin „Soziokultur“ behandelt hat und den wir ins Magazin aufgenommen haben. 
 

Karin Scaria-Braunstein greift den Begriff der Generation hingegen aus soziologischer Perspektive auf und diskutiert, inwieweit dieser für Kunst und Kultur taugt, denn „die Freie Szene ist mitnichten ein homogenes Feld“. Dahingehend stellt sich auch die Frage, wie man ob dieser Vielfalt junge Menschen überhaupt erreichen und nachhaltig in die Vereinsarbeit einbinden kann. Der Verbindung von Jugend- und Kulturarbeit gehen im Magazin zwei Experten nach: Lukas Trentini (in einem Interview mit Helene Schnitzer) und Florian Arlt, die dafür plädieren der Jugend mehr Raum zu geben.
 

Die Zusammenschau der Praxisberichte vermittelt im Hinblick auf Übergabe- und Transformationsprozesse jedenfalls ein eindeutiges Bild, und zwar jenes, dass es sich um kein leichtes Unterfangen handelt. Nur wenige schaffen es eine Vereinsübergabe erfolgreich zu planen und durchzuführen. Trotz aller Unterschiedlichkeiten in Bezug auf Strukturen, Arbeitsweisen, Inhalte und beteiligte Menschen ziehen sich bestimmte kritische Elemente wie ein roter Faden durch die einzelnen Berichte. Obwohl die jeweiligen Zugänge dazu mitunter stark differieren, unternimmt Bettina Mair basierend auf Erfahrungsberichten und Beratungsgesprächen den Versuch einige Leitfragen und Strategien in den Raum zu stellen, die im Zuge von Übergabeprozessen – ungeachtet aller Unterschiedlichkeiten – Orientierung geben können.
 

Die Kunststrecke in diesem Heft wird von der Künstlerin und langjährigen Obfrau der Fotogalerie Wien (über den Generationenwechsel in der Fotogalerie ist in diesem Heft ebenfalls nachzulesen) Susanne Gamauf im Dialog mit ihrem Sohn Emil Gamauf bestritten.
 

Die Leidenschaft, von der die Kulturarbeit oft getragen ist, lässt sich nicht einfach einer neuen Generation überstülpen. Wenn die Zitate der Schüler*innen im Heft einen Fokus auf faire Bezahlung zeigen, ahnt man, welche Gegensätze im Zugang überwunden werden müssen. 


Das Magazin soll Mut machen diesen Gegensätzen zu begegnen bzw. im Idealfall vorzubeugen. Es bedarf einer Begegnung auf Augenhöhe, der gegenseitigen Anerkennung der Fähigkeiten und Leistungen sowie einer offenen Kommunikation samt gelebter Fehlerkultur damit Übergabeprozesse nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt sind.

 

 

Cover IG Kultur Magazin Ausgabe 1.25: Übergabe Kultur © Patrick Kwasi, erstellt mit KI-UnterstützungWie erhalte ich das IG Kultur Magazin? 

Mitglieder der IG Kultur Österreich erhalten das Magazin direkt per Post. Die digitale Ausgabe sowie die Beiträge des Magazins werden ab März 2025 veröffentlicht. Print-Exemplar können per E-Mail unter office@igkultur.at bestellt werden (Preis: 5,50 Euro).

Übersicht frühere Ausgaben des Zentralorgan für Kulturpolitik und Propaganda


 

Inhaltsübersicht


PRAXIS 

Brücken bauen und Sessel sägen
David Prieth

Kulturverein Bahnhof. Generationsübergabe aus zwei Blickrichtungen
Margret Broger, Sandra Pöltl
 
Kulturarbeit ist mehr als Arbeit
Johannes Rausch
 
Karikatur:
Monika Ernst
 
Vom Pionier zur Next Generation. Der Generationenwechsel im Jazzit Salzburg
Willi Tschernutter

Generationenwechsel in der Fotogalerie Wien
Johan Nane Simonsen
 
Parcours in unbekannte Richtung. Medienwerkstatt Wien
Gerda Lampalzer


POLITIK

Inreach statt Outreach. Über Diversität und Wege der Transformation im Kulturbereich
Monika Pink und Anne Wiederhold-Daryanavard im Gespräch
 
Nachwuchs im Kulturverein?
Helene Schnitzer im Gespräch mit Lukas Trentini
 
Kolumne: Sie gehören doch hinter den Kochtopf
Martin Moped


INTERNATIONAL
 
Kann ich etwa hellsehen? Der Generationenwechsel muss Antwort auf eine unbekannte Zukunft geben.
Lutz Liffers
 
Kolumne: Stabübergabe
Andi Wahl
 
Wind of change in der Sumpfblume. Erkenntnisse aus einem Change-Management-Prozess 
Linda Meier



THEORIE
 
… aber wie soll es dann weitergehen?
Bettina Mair
 
Der Jugend Raum geben!
Florian Arlt
 
Über Generationsprophezeiungen
Karin Scaria-Braunstein


IG ARBEIT
 
In den Vorstand eines Kulturvereins einsteigen? Vorsicht ist geboten, Panik jedoch nicht.
Thomas Höhne
 
Der Praxis nahestehen!
Lidija Krienzer-Radojevic
 
Schüler*innen zu ihren Erwartungen an die Arbeit im Kulturbereich. Blick aus der Zukunft


LITERATUR
 
Was normal ist
Elias Hirschl
 

KUNST
Susanne Gamauf und Emil Gamauf