Nachbesetzung des Aufsichtsrats des steirischen herbst - offener Brief
Im Gemeinderat der Stadt Graz am 1.Juni 2017 ist ein Tagesordnungspunkt auch die Nachbesetzung des Aufsichtsrates des steirischen herbst - ein Festival der zeitgenössischen Kunst, das auch kulturpolitische Fragen aufgreift. Dazu eine Stellungnahme der IG Kultur Steiermark.
Laut Presseberichten soll bei der Nachbesetzung des Aufsichtsrates des steirischen herbst eine Person Ernst Brandl von der FPÖ sein - Herr Brandl ist Redaktionsleiter des FPÖ-Organs „Der Uhrturm“ und Journalist der Wochenzeitung "Zur Zeit". In diesen Zeitschriften wird großer Wert auf ein identitäres Erbe in der Kultur gelegt und Pluralität und gesellschaftliche Weiterentwicklung abgelehnt. Nach dem jetzigen Gesellschaftsvertrag muss auch das künstlerische Programm dem Aufsichtsrat vorgelegt werden. Aus diesem Grund hat die IG Kultur heute folgenden offenen Brief an den Bürgermeister, die StadträtInnen und die Gemeinderäte geschickt:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Bürgermeisterstellvertreter,
sehr geehrte Frau Stadträtin, sehr geehrter Herr Stadtrat,
Sehr geehrte Frau Gemeinderätin, sehr geehrter Herr Gemeinderat!
Die IG Kultur Steiermark möchte Ihre tiefe Besorgnis zur geplanten Nachbesetzung des Aufsichtrates des steirischen herbst bekanntgeben und schließt sich den Stellungnahmen von Forum Stadtpark und rotor an.
Zu Bedauern ist, dass die Stadt Graz nicht wie bisher mit StadträtInnen vertreten ist, was ein besonderes Zeichen der Wertschätzung war.
Der steirische herbst als Festival für dezidiert zeitgenössische Kunst, das weit über die Steiermark hinaus Bedeutung hat, braucht einen Aufsichtsrat der hinter diesem Festival steht und hinter dem, was es gesellschaftlich verkörpert.
Mit besten Grüßen IG Kultur Steiermark
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Betreff: Offener Brief aus Anlass der Entsendung von Herrn Ernst Brandl in den Aufsichtsrat des steirischen herbst
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Bürgermeisterstellvertreter, sehr geehrte Frau Stadträtin, sehr geehrter Herr Stadtrat!
Sehr geehrte Frau Gemeinderätin, sehr geehrter Herr Gemeinderat,
wie wir heute aus der Zeitung Der Standard erfahren haben, soll morgen im Gemeinderat die Entsendung von Herrn Ernst Brandl in den Aufsichtsrat des steirischen herbst abgesegnet werden.
Formal und demokratiepolitisch ist das in Ordnung und zu akzeptieren.
Unsere große Irritation liegt vielmehr in der Frage nach den Auswahlkriterien für die Nachbesetzung in diesem Gremium.
Ein Festival wie der steirische herbst hat gerade durch seinen weltoffenen Zugang seine internationale Bedeutung und Anerkennung erhalten.
Herr Brandl ist Redaktionsleiter des FPÖ-Organs „Der Uhrturm“ und Journalist der Wochenzeitung "Zur Zeit", für die Andreas Mölzer verantwortlich zeichnet. In diesen Magazinen wird großer Wert auf ein identitäres Erbe in der Kultur gelegt, während Aspekte von Kunst und Kultur, die einen über Österreich hinaus gehenden Heimatbegriff thematisieren, praktisch nicht behandelt werden.
Gemäß des aktuellen Gesellschaftsvertrags prüfen Aufsichtsratsmitglieder nicht nur das finanzielle Gebaren, sondern müssen auch dem inhaltlichen Programm zustimmen.
Das verlangt jedoch nach inhaltlicher Identifikation von Aufsichtsratsmitgliedern mit den Grundideen des Festivals.
Der steirische herbst ist - und war es seit seiner Gründung - ein Festival für dezidiert zeitgenössische Kunst. Besonders durch den Fokus auf das Experiment und das Neue innerhalb der Kunstwelt ergibt sich die internationale Reputation des Festivals. Welcher Bezug, welches Interesse und welches fachliche Wissen Herrn Brandl für die Funktion im Aufsichtsrat auszeichnen, ist uns in dieser Hinsicht überhaupt nicht ersichtlich.
Mit freundlichen Grüßen,
Heidrun Primas, Robin Klengel, Emil Gruber
Vorstand Forum Stadtpark
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Betreff: Nein zur Bestellung von E.Brandl in den steirischen herbst Aufsichtsrat!
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Mit Sorge haben wir von der Bestellung von Ernst Brandl in den Aufsichtsrat des steirischen herbst gelesen.
Allein der Umstand, dass dieser Mann zentral für die ständig hetzende Zeitung Uhrturm verantwortlich ist, disqualifiziert ihn für ein Amt im Kontext eines Kulturfestifals, das sich seit Jahren vermehrt mit dem Zusammenleben in unserer vielfältigen Stadt beschäftigt. Wie zahlreiche andere Kulturorganisationen versucht auch der steirische herbst, einen konstruktiven Beitrag zu einem friedlichen Miteinander zu leisten.
Der Standard hat darüber am 30. Mai berichtet:
"Der Uhrturm erntete unter Brandls Federführung wiederholt scharfe Kritik von anderer Parteien, den steirischen Kirchen und (im Rahmen des Wahlkampfmonitorings) vom Menschenrechtsbeirat der Stadt etwa für Beiträge über Flüchtlinge."
Graz – Die Neubesetzung des Aufsichtsrats des Mehrspartenfestivals Steirischer Herbst dürfte fix sein. Laut einem Schriftstück, das diesen Donnerstag in einer nichtöffentlichen Sitzung im Grazer Gemeinderat abgesegnet wird, werden der Aufsichtsratsvorsitzende der FH Joanneum, Günther Witamwas, und Ernst Brandl, Redaktionsleiter der umstrittenen FPÖ-Stadtzeitung Der Uhrturm und jahrelanger Feuilletonchef von Andreas Mölzers Zur Zeit, im Aufsichtsrat des Festivals sitzen. Der Uhrturm erntete unter Brandls Federführung wiederholt scharfe Kritik von anderer Parteien, den steirischen Kirchen und (im Rahmen des Wahlkampfmonitorings) vom Menschenrechtsbeirat der Stadt etwa für Beiträge über Flüchtlinge. - derstandard.at/2000058478487/FPOe-Brandl-wird-Aufsichtsrat-des-Steirischen-Herbstes
Wir wollen gegen die Bestellung von Herrn Brandl die Stimme erheben und ersuchen Sie, dagegen zu votieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Anton Lederer & Margarethe Makovec
Leitungsduo < rotor > Zentrum für zeitgenössische Kunst
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